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Bad Gandersheim
Erinnern vor Ort
- Ein Gräberfeld mit KZ-Häftlingen aus Brunshausen
sowie ein Gedenkstein für die 40 am Tag der Evakuierung
erschossenen KZ-Häftlinge befinden sich auf dem Bad Gandersheimer
Salzbergfriedhof, Holzmindener Straße. Die am 4. April
1945 erschossenen und zunächst im Wald bei Clus verscharrten
Häftlinge wurden im Juni 1945 auf den Salzbergfriedhof
umgebettet worden. Französische Quellen aus dem Jahr 1952
nennen neben zudem weitere 14 Gräber von vor dem 4. April
in Brunshausen verstorbenen Franzosen sowie ein Sammelgrab mit
sechs Toten, die ebenfalls dem Außenkommando zuzuordnen
sind. Schon damals wurde festgestellt, dass die 40 Namen auf
dem Gedenkstein nicht mit den tatsächlichen Opfern übereinstimmen.
Der Gedenksteins wurde vermutlich Ende der 1940er oder Anfang
der 1950er Jahre errichtet.
"Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da (Sophokles) Es haben ihr Leben geben müssen in einer dunklen Zeit der Geschichte für ein hellere Zukunft 4. April 1945 [40 NAMEN]"
- Später wurde neben den großen Gedenkstein eine
kleine, auf dem Boden liegende Gedenkplatte platziert. Die Datierung
ist auch hier nicht gesichert, vieles spricht jedoch für
eine Stiftung im Zusammenhang mit dem Besuch dreier ehemaliger
französischer Häftlinge 1979.
"N'oublions jamais Ce 4 Avril 1945 commando de Bad-Gandersheim Camp des Buchenwald A nos camarades abattus par les Nazis pour la liberté"
- Im Cluser Wald steht ein Gedenkkreuz für die 40 dort
erschossenen KZ-Häftlinge. Die Aufstellung erfolgte durch
das Friedensbündnis im Rahmen der Gedenkfeier am 4. April
1991. Es trägt zusätzlich die senkrechten Inschrift
"Memento mori".
"Zu krank für den Abmarsch bei der Auflösung des KZ Brunshausen wurden am 4.4.1945 hier 40 Häftlinge erschossen. Sie liegen auf dem Salzbergfriedhof Bad Gandersheim."
- In den Jahren 2000 bis 2002 wurde der Todesmarsch der Häftlinge
aus dem KZ-Außenlager Brunshausen anhand von Gedenkstelen
im Harz nachgezeichnet. Die sieben Stelen des "Wegezeichenprojektes
Westharz" befinden sich entlang des Marschweges
- östlich der B 242 bei Mönchehof - am Iberg bei der Schachtpinge "Unterer Hasselberg" - nahe der B242 im Steinbruch oberhalb der "Pferdetränke" - an der Kirche in Zellerfeld - am Hirschler Brink hinter Clausthal - am Stieglitzeck - am ehem. Sägewerk Buchholz in Braunlage
und erinnern an die Qualen und/oder die Ermordung von Häftlingen
an den jeweiligen Stellen. Sie wurden von der Arbeitsgemeinschaft
Spurensuche in der Südharzregion in Zusammenarbeit mit
der BBS Osterode errichtet. http://www.tm45.de
- Ein Gedenkstein unterhalb des Parkplatz "Iberger Tropfsteinhöhle"
(Bad Grund) erinnert ebenfalls seit (2000) an diesen Todesmarsch
und insbesondere an den dort ermordeten Zeugen Jehovas Bernhard
Döllinger. Auch dieser Gedenkstein war Teil des o.g. "Wegezeichenprojektes".
- Eine Gedenktafel am Portal der ehem. Klosterkirche in Brunshausen
erinnert u.a. an das KZ-Außenlager und den sogenannten
Todesmarsch. Sie wurde 1985 von der lokalen Friedensinitiative
angebracht, die Inschrift musste im Vorfeld aufgrund von Protesten
mehrfach verändert werden.
"[...] Im 2. Weltkrieg ist das Kloster zunächst Kriegsgefangenenlager. Im Oktober 1944 richtet der nationalsozialistische Staat Bruns- hausen als Konzentrationslager ein. KZ-Häftlinge aus Buchenwald arbeiten im benachbarten Rüstungs- betrieb. Die Kirche dient als Häftlingsunterkunft, der Hof als Appellplatz. Am 4. April 1945 müssen die 600 Gefangenen wegen der heranrückenden Befreier abmarschieren. 40 nicht gehfähige Häftlinge werden in den Clus- Wald getrieben, erschossen und verscharrt. Nach Kriegsende müssen Gandersheimer Frauen die Ermordeten mit den Händen ausgraben. Die Toten werden auf den Salzberg- Friedhof umgebettet, wo ein Ehrenmal an das unmenschliche Geschehen erinnert. Wer die Vergangenheit vergisst, ist verdammt, sie zu wiederholen."
- Auch ein Gedenkstein vor der Kirche erinnert seit 1989 an
das Leiden an diesem Ort. Er wurde von der Stadt Bad Gandersheim
im Zusammenhang mit der Eröffnung der Klosterkirche als
Kulturzentrum errichtet.
- Eine Gedenktafel an dem ehem. "Fürstlichen Haus" Brunshausen
wurde 1993 in Erinnerung an die Entbindungsstation für
Zwangsarbeiterinnen und die ,Kinderpflegestätte' errichtet.
Initiatoren waren Bürger aus dem Umfeld des lokalen Friedensbündnisses.
"Ab August 1944 bestand hier im ehemaligen Sommerschloss Brunshausen eine sogenannte Kinder- pflegestätte zur Verwahrung der Kinder von Zwangsarbeiterinnen. Dem Rassismus des Nationalsozialismus entsprechend mussten Frauen aus Polen und der Sowjetunion hier getrennt von deutschen Frauen entbinden und ihre Kinder schon nach wenigen Tagen zurücklassen. Mindestens 15 namentlich bekannte Säuglinge im Alter bis zu 6 Monaten erlagen den menschen- unwürdigen Zuständen."
- Ein polnisches und ein slowakisches Zwangsarbeitergrab befinden
sich zudem auf dem Cluser Friedhof.
- Im Zuge der Einweihung des Robert-Antelme-Weges wurde (2002)
nahe der Kirche in Brunshausen eine Tafel errichtet, die über
den ehem. französischen KZ-Häftling und Autor Antelme
informiert. Es handelt sich um den Weg vom Lager in den Cluser
Wald, wo die 40 nicht gehfähigen Häftlinge am 4. April
1945 erschossen wurden.
"Als Mitglied der Résistance wurde Robert Antelme 1944 verhaftet und in das KZ Buchenwald deportiert. Mit rund 600 anderen Häftlingen aus 14 Nationen kam Er im Oktober 44 zum Außenkommando Gandersheim in Brunshausen. Die Männer arbeiteten hier vorwie- gend im Heinkel-Flugzeugwerk. In den ersten Monaten diente die Klosterkirche als Unterkunft, bis Baracken auf dem Werksgelände errichtet waren. Beim Herannahen der alliierten Truppen wurde das Außenkommando evakuiert und in Richtung des Kon- zentrationslagers Dachau in Marsch gesetzt. 40 nicht gehfähige Häftlinge wurden im nahen Wald erschossen. Von den restlichen Gefangenen, die auf Irrwegen gen Süden getrieben wurden, kamen nur noch etwa 100 in Dachau an, unter ihnen Robert Antelme. Als lebender Leichnam kam er nach Kriegsende nach Frankreich zurück. Seine Lebensgefährtin Marguerite Duras verarbeitete ihr Warten auf ihn und die Wieder- Begegnung in dem Roman "Der Schmerz". 1947 schrieb Antelme seine Erlebnisse im Lager Brunshausen auf, die 1957 in Frankreich unter dem Titel "L'epéce humaine" und erst 1987 als "Das Menschengeschlecht" in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht wurden. Die erste deutsche Übersetzung wurde allerdings schon 1949 im Ostberliner Aufbau-Verlag gedruckt. Wer heute den Robert-Antelme-Weg beschreitet, folgt dem letzten Weg der 40 nicht gefähigen Mithäftlinge Antelmes von Brunshausen zur Erschießungsstelle."
Rundgänge
„Nationalsozialismus und Zwangsarbeit in Bad Gandersheim“ „Das Aussenkommando Buchenwald in Brunshausen“ „Alternative Stadtrundgänge“ des Friedensbündnisses Bad Gandersheim zu den o.g. Themen können ab einer Personenanzahl von 6 TeilnehmerInnen und Teilnehmern bei Carlo Bleichert, carlo.bleichert@t-online.de, angemeldet werden.
Ausstellungen
Eine Ausstellungseinheit zum KZ-Außenkommando ist
seit 2007 als Teil der Konzeption des Museums "Portal zur Geschichte"
in der ehem. Klosterkirche Brunshausen zu sehen. Sie befindet
sich im Ausstellungsbereich hinter der Empore im Obergeschoss. www.portal-zur-geschichte.de
Gedenkveranstaltungen
4. April =
Jahrestag der Evakuierung des KZ-Außenlagers Brunshausen
und der Erschießung von 40 nicht gehfähigen Häftlingen
(Friedensbündnis Bad Gandersheim)
Initiativen und AnsprechpartnerInnen
Friedensbündnis Bad Gandersheim Das Friedensbündnis Bad Gandersheim entstand vor dem
Hintergrund der Friedensbewegung der 1970er Jahre und setzt
sich aus einer kleinen Gruppe Gandersheimer BürgerInnen
zusammen. Das Bündnis hat es sich zur Aufgabe gemacht,
die Erinnerung an die lokalen Verbrechen der NS-Diktatur wach
zu halten. Ein weiterführendes Anliegen war und ist die
Sensibilisierung junger Menschen für rechtsradikale und
rassistische Tendenzen. » mehr Infos
Anne-Katrin Race Anne-Katrin Race war über viele Jahre bei der Stadtverwaltung Bad Gandersheim im Bereich Museum / Stadtgeschichte tätig. Sie setzte sich hierbei auch immer wieder mit der Geschichte der Stadt in der Zeit der NS-Diktatur auseinander und war an zahlreichen Gedenkveranstaltungen und Erinnerungsprojekten beteiligt. Auch nach beruflicher Neuorientierung begleitet und unterstützt Anne-Katrin Race Forschungen, Publikationen und Veranstaltungen zur Gandersheimer Erinnerungskultur. » mehr Infos
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