Osterode am Harz
KZ-Außenlager
Bei der HEMAF sowie beim OT-Bauprojekt „Dachs IV“ wurde zum Ende des Krieges – wie anderswo in der Rüstungsindustrie bereits seit 1942 praktiziert – auf die letzten ‚freien Arbeitskraftreserven’ zurückgegriffen: KZ-Häftlinge. Die beiden 1944/45 errichteten Lager waren dem KZ Buchenwald bzw. kurz darauf dem selbstständig gewordenen KZ Mittelbau-Dora unterstellt.
Auf dem Gelände der HEMAF in Freiheit, innerhalb des Zwangsarbeiterlagers „West“ an der Ecke Baumhofstraße / Branntweinstein, wurde Ende September 1944 ein KZ-Außenlager errichtet. Rund 400 Häftlinge aus verschiedenen Konzentrationslagern – zur Hälfte Polen, außerdem u.a. viele ungarische Juden – wurden dorthin überstellt. Sie wurden in vier Baracken untergebracht, in denen bis dahin ausländische Zivilarbeiter gelebt hatten; durch einen Stacheldrahtzaun wurden die Gebäude vom übrigen Gelände abgetrennt. Die Häftlinge mussten größtenteils in der Waffenproduktion der HEMAF, teils aber auch bei den Firmen Piller und Kellermann Zwangsarbeit leisten. Mit dem Wechsel des Lagerleiters im Januar 1945 haben sich Berichten zufolge die Misshandlungen gehäuft. Anfang April 1945 wurde das KZ ‚evakuiert’, die Häftlinge mussten sich auf einen sogenannten Todesmarsch Richtung Nordosten begeben, konnten aber nach einigen Tagen von alliierten Truppen befreit werden. Heute befindet sich auf dem ehemaligen Barackengelände in Freiheit eine Neubausiedlung.
Mitte November 1944 wurden 100 Häftlinge des KZ Buchenwald in ein weiteres Außenlager nach Petershütte überführt. Im März 1945 waren dort rund 800 Männer untergebracht, zur Hälfte handelte es sich um aus dem KZ Auschwitz überführte Juden. Das mit Stacheldraht umzäunte Lager am Sösegrund trug – ebenso wie das o.g. Rüstungsprojekt, bei dem die Häftlinge eingesetzt wurden – den Tarnnamen „Dachs IV“. Die Zwangsarbeit bestand zum Großteil im Stollenvortrieb in den lokalen Gipsbergen, wo ein unterirdisches Hydrierwerk der Rhenania-Ossag AG eingerichtet werden sollte. Am 21. März 1945 wurden die Arbeiten eingestellt und die Häftlinge in die Boelke-Kaserne, dem Sterbelager des KZ Mittelbau-Dora in Nordhausen ‚evakuiert’; vermutlich überlebten dort nur wenige von ihnen.
Die ehemaligen KZ-Baracken an der Söse in Petershütte dienten nach Kriegsende zunächst als Unterkunft für Ostflüchtlinge, dann als Sozialwohnungen; sie wurden bis 1968 abgerissen.
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