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    Friedland

    NS-Zwangsarbeit

     

    Schon vor 1939 arbeiteten zahlreiche „Fremdarbeiter“ als Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft. Die Mehrzahl der Zwangsarbeiter während des Nationalsozialismus in der Region Friedland war ebenfalls in landwirtschaftlichen Betrieben untergebracht. Zumeist handelte es sich um polnische und sowjetische Personen. An dieser Stelle könne nur die größeren Einsatzstellen genannt werden.

    Landwirtschaft

    Als größter ‚Arbeitgeber’ trat dabei das Klostergut Reinshof in Niedernjesa auf. Mehr als 70 polnische und sowjetische ZivilarbeiterInnen waren hier über die Jahre beschäftigt und in drei Lagern untergebracht: eine Polen- und eine „Ostarbeiter“-Unterkunft auf dem Gelände, mehrere „Ostarbeiter“ zudem im Gasthof Gartenschänke in Geismar (Göttingen). Vom Klostergut sind Misshandlungen bekannt, sogar einen Schlägertrupp aus Göttingen oder Geismar soll der Aufseher einmal angefordert haben.

    Mehr als zehn osteuropäische Zwangsarbeiter wurden jeweils beschäftigt und untergebracht auf zwei Gütern in Ballenhausen, den Rittergütern Klein Schneen, Mollenfelde und Niedergandern sowie auf den Gütern Fette in Niedernjesa und Deppe in Groß Schneen. Außerdem arbeiteten und lebten rund zehn osteuropäische Zivilarbeiter beim Mollenfelder landwirtschaftlichen Betrieb Wissemann. Auch auf dem Gutshof Deiderode waren mehrere polnische sowie mindestens ein französischer Zwangsarbeiter untergebracht.

    Darüber hinaus beschäftigte das Landwirtschaftliche Versuchsgut der Universität Göttingen in Friedland (heute befindet sich auf dem Gelände das Grenzdurchgangslager Friedland) rund 20 polnische Zivilarbeiter, darunter mehrere Familien, die auf dem Gelände der ehemaligen Domäne unterkamen.

    Polnische ZivilarbeiterInnen sowie polnische und 60-70 französische Kriegsgefangene aus einem Lager im Saal der Gastwirtschaft Deichmann in Friedland mussten mit Kriegsbeginn 1939 in der umliegenden Landwirtschaft Zwangsarbeit leisten, v.a. in Groß Schneen: „Morgens um 7 müssen von einem Mann die Gefangenen geholt werden. 40 braune Gestalten kommen nun täglich ins Dorf  und werden auf die Höfe verteilt. [...] Das Dorf hat sich an die braunen Gestalten gewöhnt.“ 1 Nach ihrer Überführung in den Zivilarbeiterstatus 1940 bzw. 1943 wurden viele direkt auf den Höfen untergebracht. Auch die 50-60 französischen und belgischen Kriegsgefangenen aus einem Lager in der Gastwirtschaft Knoche in Mollenfelde, die auch in Atzenhausen (Rosdorf) beschäftigt wurden, lebten vermutlich nach einem Wechsel ihres Status’ direkt auf den lokalen Höfen. Vor März 1940 waren darüber hinaus rund 150 polnische Kriegsgefangene, die später in den Zivilarbeiterstatus überführt wurden, im Saal der Gastwirtschaft Hartmann in Niedernjesa untergebracht; sie arbeiteten in der Landwirtschaft in Niedernjesa, Reinhausen (Gleichen) und auf dem Reinshof.

    Ein „Gemeinschaftslager“ für 60 polnische Zwangsarbeiterinnen der Zuckerfabrik Obernjesa (Rosdorf) befand sich Ende 1942 in der Gastwirtschaft Küster in Stockhausen. Anschließend wurden die Frauen über das Arbeitsamt auf die landwirtschaftlichen Höfe in der Umgebung verteilt: „Also den letzten Tag in der Zuckerfabrik, da kam das Arbeitsamt von Göttingen, da waren die Listen alle schon fertig, jeder Bauer, der hatte sein Schaf gekriegt und konnte abhauen.“2

    Wie andernorts gab es auch auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Friedland sehr unterschiedliche Beispiele im Umgang mit Zwangsarbeitern. In einem Reiffenhausener Lokal beispielsweise wurde den polnischen Arbeitern sogar ermöglicht, sich – wenn auch in einem gesonderten Raum – zu treffen. Aus Klein Schneen kam die Deutsche Elfriede Wachs in ein Konzentrationslager, weil sie ein Verhältnis zu einem polnischen Zwangsarbeiter unterhielt, aus der auch ein Kind hervorhing.

    Eine polnische Arbeiterin aus Niedernjesa wurde 1943 im AEL Watenstedt inhaftiert. Insgesamt wurden verhaftete Zwangsarbeiter ab der Jahreswende 1942/43 jedoch verstärkt für unbestimmte Zeit in ein Konzentrationslager überführt und dort in der Rüstungsindustrie eingesetzt. Als der polnische Arbeiter Jósef Lytka 1943 mit seinem ‚Arbeitgeber’, einem Bauern in Reiffenhausen, in einen Streit über das mangelhafte Essen und schlechte Arbeitsbedingungen geriet, wurde er verhaftet und kam über Gestapogefängnisse erst in das KZ Buchenwald, dann mit der Baubrigade IV nach Wuppertal und 1944 schließlich nach Ellrich bei Walkenried, einem Außenlager des KZ Mittelbau-Dora. Ein junger Zwangsarbeiter wurde laut Überlieferung in Reckenhausen hingerichtet.

    1   Chronik des Lehrers Lüdeke, Groß Schneen. Zitiert nach Siedbürger, Günther: Zwangsarbeit im Landkreis Göttingen 1939-1945, Duderstadt 2005, S. 113.
    2   So die ehemalige polnische Zwangsarbeiterin Wiktoria Delimat, zitiert nach Siedbürger, Günther: Zwangsarbeit im Landkreis Göttingen 1939-1945, Duderstadt 2005, S. 321.

     

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