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Holzminden

Politischer Widerstand und Verfolgung

Wie auch andernorts wurden KPD- und SPD-Funktionäre aus Holzminden und Umgebung ab März 1933 inhaftiert. Viele der in einer Aktion am 21. März und den darauffolgenden Tagen verhafteten Holzmindener, unter ihnen auch Juden, wurde in der von SA und SS okkupierten Druckerei der Oberweser-Volkszeitung der SPD in der Bahnhofstraße 25 misshandelt. Aussagen und ärztliche Atteste bezeugen die unsäglichen Details dessen. Flugblätter, die diese Aktion geißelten, wurden im Untergrund verteilt, sogar die ausländische Presse berichtete über die Vorgänge in Holzminden. Auch Einwohner der Stadt hatten wohl mit Entsetzen reagiert, denn ein Artikel des „Täglichen Anzeiger“ vom 28. März versuchte die Aktion herunterzuspielen und Gerüchten entgegenzutreten. Viele der verhafteten Personen wurde anschließend für mehrere Wochen in das Gerichtsgefängnis Holzminden oder das Gefängnis in Wolfenbüttel überführt.

Auch in den Kriegsjahren erfolgten politisch motivierte Verhaftungen. Einige Personen wurden aufgrund Hörens von „Feindsendern“ zu vielen Jahren Zuchthaus verurteilt, andere Gründe waren beispielsweise „Heimtücke“ oder „Besitz von Sprengstoff“. Wegen vermeintlicher Sabotage oder negativer Äußerungen wurden zudem einige Bewohner aus dem Raum Holzminden in Arbeitserziehungslagern (AEL) inhaftiert, darunter zwei deutsche Arbeiter der Spiegelglas AG in Grünenplan. Laut Untersuchungen durchliefen während des NS-Regimes insgesamt 900 Personen aus Holzminden und der Region das Gefängnis Holzminden.

Jüdisches Leben und Verfolgung

Erstmals sind für Mitte des 16. Jahrhunderts Juden in der Stadt Holzminden bezeugt, dauerhaft ließen sich dort jüdische Familien um 1700 nieder, als erste die Familie Issac Gerson. Spätestens ab 1736 bestand in seinem Haus ein Betraum; ein erster Friedhof wurde im Laufe des Jahrhunderts am Beukampsborn angelegt. An den Gottesdiensten, die hauptsächlich an Festtagen stattfanden, nahmen zunächst auch Juden aus Albaxen und Stahle (Höxter) teil. Im Jahr 1765 wurde ein Betsaal im ersten Stock der Mittleren Straße 15 erwähnt, ein neu errichtetes Synagogengebäude im Hinterhof der heutigen Oberbachstraße 53 konnte die Gemeinde schließlich 1836/8 einweihen; das Vorderhaus wurde als Gemeindehaus und Religionsschule eingerichtet. Beziehungen bestanden auch nach Seesen (Landkreis Goslar), wo es ein jüdisches Internat gab. In den 1890er Jahren wurde der neue jüdische Friedhof angelegt, er liegt direkt neben dem städtischen an der Allersheimer Straße. Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die jüdische Gemeinde Holzminden zeitweise auf 130 Personen an, die gut in das gesellschaftliche Leben integriert waren. Nach dem ersten Weltkrieg erhielt jedoch auch hier der Antisemitismus immer mehr öffentlichen Einzug.

Anfang Januar 1933 lebten in Holzminden 84 jüdische Personen, 16 weitere zogen später (teils zeitweise) hinzu. Sie, wie auch zehn Einwohner christlicher Religion, jedoch jüdischer Abstammung, hatten unter zunehmenden Diffamierungen, Repressionen und Geschäftsboykotten zu leiden. Bereits im Februar des Jahres wurden zwei Schaufensterscheiben von jüdischen Geschäften eingeschlagen und in der Nacht auf den 22. März 12 jüdische Männer in der Oberweser-Volkszeitung Druckerei schwer misshandelt. Bis spätestens Ende 1938 mussten alle ihre Geschäfte aufgeben und meist unter Wert verkaufen. Bereits zu Beginn des NS-Regimes war der neue jüdische Friedhof geschändet worden; der alte Friedhof wurde 1935 eingeebnet, die Grabsteine abgetragen und während des Krieges auf dem Gelände eine Baracke für ausländische Zwangsarbeiter errichtet.

Zwei Drittel der jüdischen Einwohner Holzmindens war mittlerweile in größere Städte verzogen. Im sogenannten Novemberpogrom 1938 wurden sieben in der Stadt Verbliebene und ein „jüdisch Versippter“ zusammen mit weiteren Juden aus der Region im Rathaushaus versammelt und größtenteils für mehrere Wochen in das KZ Buchenwald überwiesen. Die Synagoge wurde verwüstet und das Inventar verbrannt. Das Gebäude selbst überstand die Zeit nur deshalb unbeschadet, weil ein Feuer auch die angrenzenden Häuser beschädigt hätte; 1942 wurde das Grundstück zwangsverkauft, der neue Besitzer riss das Synagogengebäude aber trotz entsprechender Klausel im Kaufvertrag (aufgrund derer er einen Preisnachlass bekommen hatte) nicht ab.

Am 25. März 1942 wurden zahlreiche jüdische Bürger aus dem Landkreis in Holzminden zusammengezogen, jedoch keiner aus der Stadt selbst, und im Rahmen einer südniedersachsenweiten Deportation in das Warschauer Ghetto transportiert. Aus der Stadt selbst kam mit der zweiten regionalen Deportation im Juli des Jahres das Ehepaar Feldheim nach Theresienstadt, Leopold Scherman folgte im Februar 1945; weil er in einer „Mischehe“ lebte und seine Frau zu ihn hielt, war er bis dahin verschont geblieben. Einzig die Tochter der Feldheims, Henny Brose, ebenfalls in einer „Mischehe“ lebend, überlebte wegen schwerer Erkrankung die gesamte Zeit in Holzminden. Sie wurde dabei von Nachbarn unterstützt. Von den anfangs genannten Personen konnten nachweislich 46 rechtzeitig ins sichere Ausland (davon knapp die Hälfte nach Palästina bzw. Argentinien) emigrieren. Mindestens 38 verfolgte Einwohner Holzmindens, von denen viele nach 1933 in größere deutsche Städte gezogen waren, verloren jedoch ihr Leben. Nur acht überlebten die Zeit innerhalb des deutschen Machtbereiches.

Zurückgekehrt sind 1945 aus Theresienstadt die direkt aus Holzminden Deportierten: das Ehepaar Feldheim und Leopold Schermann. Einige Jahre später kehrte auch Fredi Holzapfel aus der Emigration in die Stadt zurück. Darüber hinaus lebten hier nach dem Krieg zeitweise jüdische Vertriebene aus Schlesien. Das ehemalige Synagogengebäude wurde 1968 abgerissen und an der Stelle ein kleiner Parkplatz eingerichtet.

… und zahlreiche weitere Beispiele.

Albert Gumprich, christlicher Religion jedoch jüdischer Abstammung, wurde im August 1936 aufgrund mehrerer kleinerer Gesetzesdelikte als „Gewohnheitsverbrecher“ zu zweieinhalb Jahre Haft im Zuchthaus verurteilt und anschließend in ein Konzentrationslager verbracht. Er wurde 1945 in Dachau befreit.

 

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