Bad Gandersheim
Politischer Widerstand und Verfolgung
Schon vor 1933 sind einige teils sehr gewalttätige Zusammenstöße
zwischen jungen SPD-nahen Gandersheimern und SA-Angehörigen
belegt. Im Dorf Seboldshausen soll es um 1930 eine "SA-Stammkneipe"
gegeben haben, um die sich verschiedene Konflikte ballten.
Ein organisierter Widerstand fand in Bad Gandersheim wohl
nicht statt. Kritische oder ironische Bemerkungen reichten jedoch
häufig aus, um als Regimekritiker denunziert und inhaftiert
zu werden. Der Jugendliche Rolf Bremer jr., zudem als "jüdisch
versippt" diffamiert, wurde aus diesem Grund zeitweise interniert.
Es gibt Hinweise auf weitere Aktionen des Widerstands von Einzelpersonen,
die jedoch der weiteren Recherche bedürften.
Jüdisches Leben und Verfolgung
Die Stadt Bad Gandersheim weist eine Jahrhunderte währende
jüdische Tradition auf. Im Jahr 1348 errichtete die mittlerweile
bestehende jüdische Gemeinde einen Friedhof, ansonsten
ist bis zum 18. Jahrhundert leider wenig bekannt. Im Jahr 1777
wurde ein Friedhof an der Wiek / St. Georgshöhe angelegt.
Ein Betraum wurde 1785 im Privathaus Samuel Simons im Steinweg
40 eingerichtet, schließlich im Haus seines Schwiegersohns
im Plan 4 und nach 1853 im Geschäftshaus Bremer, Moritzstraße
34. Seit 1810 gab es in der Stadt auch jüdischen Religionsunterricht,
der teils zusammen mit weiteren Gemeinden aus der Umgebung zusammen
organisiert wurde. Die jüdischen Einwohner schienen gut
in die Gesellschaft integriert gewesen zu sein, so wurde der
spätere Ehrenbürger Louis Ballin noch während
seiner Zeit als Gemeindevorsteher zunächst zum Stadtverordneten
und 1879 zum Stadtrat gewählt. Die jüdische Gemeinde
verkleinerte sich jedoch zunehmend. Um 1909/10 wurden die jüdischen
Einwohner Bad Gandersheims schließlich an die Synagogengemeinde
Seesen angeschlossen.
Mitglieder des Friedensbündnisses beim Alternativen Stadtrundgang anlässlich des Gedenktages 4. April 2004 an der Station Jüdischer
Friedhof (Anne-Kathrin Race)
Im Jahr 1933 lebten acht jüdische Bürger in Bad
Gandersheim. Familie Bendix wanderte 1935/36 nach Argentinien
aus. Die letzten in der Stadt verbliebenen Mitglieder der Familie
Rosebaum zog 1937 nach Hannover und wurden am 15. Dezember 1941
von dort (Sammelstelle Ahlem) nach Riga deportiert. Sie gelten
als verschollen. Während die Pogromnacht im November 1938 scheinbar glimpflich verlief - es lebten keine
Menschen jüdischen Glaubens mehr in der Stadt, und ein
Synagogengebäude hat es nie gegeben -, wurden im Jahr darauf
der jüdische Friedhof geschändet und die Grabsteine
zum Teil zerstört. Schikaniert wurden in der Zeit der NS-Herrschaft
ebenfalls Menschen mit jüdischen Vorfahren. Rolf Bremer
jr. brach deshalb das Gymnasium ab und versteckte sich während
des Krieges zeitweise in der größeren Stadt Braunschweig.
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