Textversion     Kontakt     Sitemap     Suche

Topografieder Erinnerung

Südniedersachsen

  Südniedersachsen

 

  Orte A-C

    Adelebsen               «

    Bad Gandersheim

    Bad Grund

    Bad Lauterberg

    Bad Sachsa

    Bevern

    Bodenfelde

    Bodenwerder-Polle

    Boffzen

    Bovenden

  Orte D-G

  Orte H-M

  Orte N-Z

 

  Glossar

 

Startseite     Orte A-Z     Erinnern in der Region     Aktuelles     Medien / Links     Netzwerk

Adelebsen

NS-Zwangsarbeit

Im heutigen Flecken Adelebsen wurden ausländische Zwangsarbeiter hauptsächlich in der Landwirtschaft und den umliegenden Steinbrüchen, aber auch bei der Reichsbahn eingesetzt. Einige osteuropäische Zwangsarbeiterinnen arbeiteten außerdem in Privathaushalten.

Landwirtschaft und Forst

Auf dem Rittergut sowie in der lokalen Ziegelei in Adelebsen lebten mindestens 15 polnische und 57 sowjetische zivile ZwangsarbeiterInnen, darunter auch Kinder, sowie mindestens 13 Kriegsgefangene; sie arbeiteten für die Rittergutsverwaltung. Sowjetische und polnische Zivilarbeiter lebten und arbeiteten außerdem in Güntersen auf dem dortigen Rittergut und im Betrieb Werner, Lange Straße 9. Gleiches gilt für Kremer in Eberhausen und Bertram in Wibbecke sowie für das Rittergut Erbsen. Auf Höfen in Erbsen, Wibbecke und Lödingsen wurden zudem 25-35 jugoslawische Kriegsgefangene eingesetzt, die im Saal einer Gastwirtschaft in Lödingsen untergebracht waren.

Vermutlich mussten Zwangsarbeiter aus der Landwirtschaft vorübergehend auch im Genossenschaftsforst arbeiten.

Öffentlicher Sektor, Steinbrüche u.a.

Die Reichsbahn unterhielt in Adelebsen zwei Lager. Ein Zivilarbeiterlager befand sich ab 1942 in der Gastwirtschaft Stumpf, wo ab 1942 neben mindestens 78 Serben auch insgesamt ca. 24 Franzosen, 16 Niederländer, 12 Polen u.a.m. lebten – insgesamt waren es über die Jahre rund 130-140 Personen, die jedoch häufig zwischen den verschiedenen Lagern der Reichsbahn in der Region fluktuierten. Das Lager selbst wurde vom Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Göttingen unterhalten; dort und in der Ausweichstelle Adelebsen wurden die Insassen zu Zwangsarbeiten eingesetzt. Ein weiteres Lager mit zivilen polnischen ZwangsarbeiterInnen der Bahnmeisterei Adelebsen lag direkt am Bahnhof.

Zwei Lager der Reichsbahn existierten darüber hinaus in Lödingsen: eines ab 1944 mit rund zehn polnischen ZivilarbeiterInnen am dortigen Bahnhof (Einsatz bei der Bahnmeisterei Adelebsen), das andere in der Gastwirtschaft Buhre. In letzterem lebten mindestens 23 „Ostarbeiter“ und ab September 1944 zudem 74 italienische Zivilarbeiter (ehemals Militärinternierte), die im RWA Göttingen und im Zweigwerk Adelebsen beschäftigt waren.

Im Basaltsteinbruch der Firma Wegener am Bramburg mussten ab 1940 insgesamt mehrere hundert ausländische Arbeiter Schwerstarbeit verrichten, darunter zivile Zwangsarbeiter aus Polen, Belgien und der Sowjetunion. Nacheinander arbeiteten im Steinbruch darüber hinaus zunächst 40 französische, 80 sowjetische sowie schließlich 100 britische und französische Kriegsgefangene. Weitere rund 100 jüdische französische Zivilarbeiter wurden ebenso wie die Kriegsgefangenen gesondert untergebracht und militärisch bewacht. Gerade unter ihnen und unter den sowjetischen Kriegsgefangenen gab es mehrere Todesfälle aufgrund von Unterernährung. Zwei Belgier, die 1942 zu Strafzwecken in das Arbeitslager (AEL) Liebenau eingewiesen wurden, konnten von dort fliehen. Nach dem Krieg befand sich auf der Bramburg für etwa ein Jahr ein englisches Lager mit ca. 100 deutschen Kriegsgefangenen.

Im Steinbruch Grefenburg bei Barterode beschäftigten die Hannoverschen Basaltwerke teils nacheinander 20-50 tschechische, 25 polnische und 24 französische ZivilarbeiterInnen sowie rund 40 englische und 40 sowjetische Kriegsgefangene. Ein Lager befand sich im ehemaligen Logiehaus. Im Januar 1942 wurde ein sowjetischer Gefangener wegen „Widerstandes“ von der Wehrmachtswache erschossen.

Ganz stark profitierten auch die kommunalen Basaltwerke Niedersachsen bei Güntersen im Steinbruch am Backenberg vom Einsatz ausländischer Zwangsarbeiter. Zwischen Ende 1939 und der Stillegung im Jahr 1942 handelte es sich hauptsächlich um (teils nacheinander) rund 65 polnische, 2 tschechische, 4 flämische und mindestens 25 belgische Zivilarbeiter, außerdem 29 belgische und bis zu 83 sowjetische Kriegsgefangene. Ein entsprechendes Barackenlager befand sich direkt auf dem Gelände. Ein sowjetischer Kriegsgefangener wurde 1941 „auf der Flucht“ erschossen. Anteilseigner der Basaltwerke Niedersachsen waren u.a. die umliegenden damaligen Landkreise. Interessant ist, dass hier bereits im April 1939 ukrainische und tschechische Arbeiter unter fragwürdigen Bedingungen eingesetzt worden waren.

Ein weiteres Lager im zweiten Stock einer Gastwirtschaft in Güntersen umfasste 60-80 „Ostarbeiter“, die für die Firma Mannesmann in der Region unter Bewachung Ausschachtungsarbeiten für eine Ferngasleitung erledigen mussten. Aus diesem Lager sind körperliche Misshandlungen und Fluchtversuche überliefert. „Uns wurden keine Firmen, kein Auftraggeber genannt. Wir waren Sklaven ohne Rechte. Uns konnten sie schlagen und hungern lassen.“ (1) Das mobile Arbeitskommando kam 1942 aus Bühren (Dransfeld) und wurde im darauffolgenden Jahr weiter Richtung Harste (Bovenden) verlegt.

(1) So Nikolai Timofejewitsch, zitiert in: Siedbürger 2005, 328.

 

Zurück

 

   Druckversion 

 

  Nach oben     Impressum