Textversion     Kontakt     Sitemap     Suche

Topografieder Erinnerung

Südniedersachsen

  Südniedersachsen

 

  Orte A-C

  Orte D-G

    Dassel

    Delligsen

    Dransfeld                 «

    Duderstadt

    Einbeck

    Eschersh.-Stadtold.

    Friedland

    Gieboldehausen

    Gleichen

    Göttingen

  Orte H-M

  Orte N-Z

 

  Glossar

 

Startseite     Orte A-Z     Erinnern in der Region     Aktuelles     Medien / Links     Netzwerk

Samtgemeinde Dransfeld

NS-Zwangsarbeit

In Dransfeld und Umgebung wurden – bedingt durch die jeweilige wirtschaftliche Struktur –auf mehreren wirtschaftlichen Sektoren Zwangsarbeiter eingesetzt. Die meisten lebten und arbeiteten unter menschenunwürdigen Bedingungen. Einige Einwohner Dransfelds ließen den Zwangsarbeitern heimlich Essen zukommen.

Landwirtschaft und Forst

Auf mehreren Höfen in den heutigen Orten der Samtgemeinde Dransfeld lebten und arbeiteten einzelne Zwangsarbeiter. Hauptsächlich in der lokalen Landwirtschaft arbeiteten ab Januar 1945 zudem französische Kriegsgefangene (vermutlich bereits in den Zivilarbeiterstatus überführt) aus einem Lager am Ende des Imbser Weges sowie aus einem Lager, das seit 1940 in einer Turnhalle in der Poststraße bestand (rund 30 bzw. 38-58 Gefangene). Ab Januar 1945 ferner 33 polnische und ukrainische Arbeiterinnen bei Lohmann (heute Langestr. 4) und zehn männliche Zivilarbeiter bei Fülling (heute Langestr. 71), auch sie stammten aus Polen und der Ukraine.

Größere landwirtschaftliche Zwangsarbeiterlager gab es darüber hinaus in Dankelshausen (ab 1940 rund zehn polnischen Zivilarbeiter im Betrieb Schmidt) und ab spätestens 1943 auf dem nahegelegenen Rittergut Wellersen, wo 15-20 polnische ZivilarbeiterInnen lebten und arbeiteten, darunter Kinder. Auf dem Hof Fischer in Varlosen lebten rund zehn zivile Zwangsarbeiter (Polen, Weißrussen und je ein Ukrainer und Serbe). Vermutlich auf dem Rittergut wurden ab 1940 in Imbsen zudem polnische und sowjetische ZivilarbeiterInnen beschäftigt. In Varmissen kamen ab 1940 polnische bzw. polnische und sowjetische ZivilarbeiterInnen in Werkswohnungen der Betriebe Ilse und Wentrup unter. Darüber hinaus existierten zwei Lager in Jühnde: Ein Lager, in dem polnische und sowjetische Zivilarbeitinnen lebten, bestand vermutlich ab 1940 und ist heute nicht näher bekannt. In einem zweiten Lager im Saal der Gastwirtschaft Weitemeier waren 50 französische Kriegsgefangene untergebracht, die in der lokalen Landwirtschaft sowie in Bördel und Barlißen eingesetzt wurden. Auf dem landwirtschaftliche Betrieb Pagel in Ober-Scheden lebten und arbeiteten rund 12 französische Kriegsgefangene.

In der Gastwirtschaft Feilke in Ellershausen bestand spätestens ab Frühjahr 1943 ein Lager des Forstamtes Bramwald, in dem bis zu 29 „Ostarbeiter“ untergebracht wurden.

Öffentlicher Sektor und Industrie

Die Reichsbahn war ein weiterer ‚Arbeitgeber’ für Zwangsarbeiter in der Region. Die Bahnmeisterei Dransfeld unterhielt an der sogenannten „Ladestraße“ am Bahnhof ein Barackenlager. In diesem lebten ab 1944 insgesamt 32 sowjetische ZivilarbeiterInnen, darunter vier Kinder.

Ferner mussten ausländische Arbeiter unter schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen in den Steinbrüchen um Dransfeld Zwangsarbeit leisten. Bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurden auf dem Hohen Hagen bei Dransfeld Basaltgesteine abgebaut. Während des Zweiten Weltkrieges mussten hier auf dem Gelände der Basaltwerke Sievers bis zu 20 französische Kriegsgefangene arbeiten, zum Teil auch in der Werks-Schmiede. Sie waren in einer Holzbaracke beim Steinbruch untergebracht und wurden 1944 in den zivilen Status überführt. Auch Italienische Militärinternierte und sowjetische Kriegsgefangene wurden hier zur Arbeit gezwungen.

Auch andere wirtschaftliche und industrielle Betriebe im heutigen Dransfeld profitierten durch den Einsatz von ausländischen Zwangsarbeitern. So arbeiteten mehr als 20 Zwangsarbeiter (ca. 20 französische Kriegsgefangene und mindestens drei serbische Zivilarbeiter) in der Ober-Schedener Zuckerraffinerie Wüstenfeld & Sohn, die u.a. die Wehrmacht mit Vitaminbonbons belieferte, aber auch Zucker und Sirup herstellte. Die ausländischen Arbeiter lebten auf dem Betriebsgelände und konnten sich in der Freizeit relativ frei im Ort bewegen. Im Februar 1945 – wohl aufgrund der heranrückenden Front – siedelte außerdem die Maschinenfabrik Mayer von Schwedt/Oder nach Dransfeld um, zusammen mit 41 ZivilarbeiterInnen aus Polen, Italien, Belgien, Frankreich und der Ukraine; einer Erinnerung zufolge waren ausländische Arbeiter häufig mit Handkarren durch den Ort unterwegs.

Im Jahr 1942 bestand in Bühren ein Arbeitslager der Firma Mannesmann. Die im Teich bei der Basaltwand in Holzbaracken internierten 60-80 russischen Zivilarbeiter mussten Erdarbeiten für eine Ferngasleitung ausführen. Die Leitung gibt es noch heute. Zwei Tote des Arbeitskommandos sind auf dem Bührener Friedhof begraben. In den Jahren 1942/43 wurden die Arbeiter über Güntersen (Adelebsen) in ein Barackenlager vor Harste (Bovenden) weiterverlegt und arbeiteten sich von dort bis nach Parensen (Nörten) vor. Nach der Verlegung der „Ostarbeiter“ aus Bühren wurden im dortigen Lager eine Kolonne französischer Kriegsgefangene interniert, die ebenfalls bei Erdarbeiten eingesetzt wurden. Das Lager wurde 1943 aufgelöst und einige der Gefangenen in ein örtliches landwirtschaftliches Lager überführt.

Zwangsarbeiter kamen auch über andere auswärtige Baufirmen zeitweise nach Dransfeld, so ab 1940 die Kasseler Eisenbahn- und Tiefbaufirma Bertram. Zwei ihrer Zwangsarbeiter versuchten Ende 1940 zu fliehen, wurden aber in Hann. Münden gefasst und für einige Zeit in das Arbeitserziehungslager (AEL) Breitenau bei Kassel überführt, wo sie drastische Arbeits- und Lebensbedingungen vorfanden. Die Firma Bertram errichtete 1944 schließlich ein eigenes Ausweichbüro in Dransfeld, wo sie mindestens 61 ZivilarbeiterInnen aus der Sowjetunion, Tschechen und Polen beschäftigten, darunter eine Familie.

Insgesamt vier Zwangsarbeiter aus Dransfeld und Bördel sowie eine Polin aus Varmissen wurden 1940 bzw. 1942 nachweislich im AEL Breitenau inhaftiert: Der „Ostarbeiter“ Azarenko starb zwei Jahre später im KZ Buchenwald. Die zwei polnischen Arbeiter wurden nach knapp drei Monaten Haft entlassen, einer aber im Herbst 1941 – er arbeitete inzw. in Tiefengruben / Fulda – im KZ Sachsenhausen interniert. Die Polin war nach der Flucht von ihrer Einsatzstelle gefasst worden und über Breitenau in ein weiteres Lager überführt worden.

Aus dem Ort (Nieder-) Scheden kommt zudem ein Hinweis auf Widerstandstätigkeit von Zwangsarbeitern: 1943 wurde ein Zwangsarbeiter der Schlachterei Winkelbach aufgrund einer Denunziation für drei Monate im AEL Lahde inhaftiert. Er stand seit Herbst 1942 in Kontakt zu einer oppositionellen Gruppe in Hann.-Münden.

 

Zurück

 

   Druckversion 

 

  Nach oben     Impressum